Rhein-Zeitung vom 7. September 2009
Urschreie und Trommelwirbel im alten Eisenbahntunnel
Italienischer Perkussionskünstler begeisterte in Erpel
Ein Urschrei zerreißt die Stille des gespannt wartenden Publikums im ehemaligen Eisenbahntunnel in Erpel. Es ist zwölf Grad kalt, dunkel. Nur der hintere Teil des einsehbaren Tunnelstücks ist in gelblich-grünlichem Licht angestrahlt. Dann Trommelschläge. Im rasanten Tempo wechseln sich laute Klänge mit leisen ab. Mal langsam gespielt, bald aber wieder schnell. Zum Teil wirkt das Stück, mit dem der international bekannte italienische Perkussionskünstler Ivan Mancinelli sein Konzert im Rahmen des Erpeler Brücken-Festivals eröffnet, sogar etwas schrill.
Der international bekannte italienische Perkussionskünstler Ivan Mancinelli begeisterte auch in Erpel das Publikum
Zeitgleich begleiten die Lichtprojektionen von Helmut Reinelt synchron das Geschehen. Wie große Eiskristalle strahlen sie in einem Moment die Decke an, bei lauter, schneller Musik verwandelt sich die Illumination in einen Lichtwirbel. Immer dem Rhythmus der Musik folgend. Gebannt lauschen die Zuhörer Ivan Mancinelli und belohnen ihn nach seinem ersten Solo mit frenetischem Applaus. Bei dem nächsten Stück wieder Urschreie. Der Künstler und seine vier Schüler vom sardischen Konservatorium in Sassari spielen auf den Perkussionsinstrumenten ein afrikanisch angehauchtes Stück. Sie wechseln sich ab mit Frage-Antwort-Spielen und laden das Publikum zum Träumen ein. Denn die Musik, nur dem Rhythmus folgend, mal ohrenbetäubend, mal kaum zu vernehmen und immer ohne eine Melodie, erzählt Geschichten und erzeugt Stimmungen.
Auf verschiedenen Schlaginstrumenten begeistern Ivan Mancinelli und sein Ensemble. Die von ihm gespielten Stücke sind abwechslungsreich und vereinen unterschiedliche Musikkulturen. Manchmal klingt seine Musik asiatisch, dann fühlt man sich an einen Militärmarsch erinnert, um kurze Zeit später wieder afrikanischen Rhythmen zu lauschen. Er und seine Schüler bringen Wut zum Ausdruck, spielen manchmal wie in Trance, dann taucht ein schüchternes Lächeln auf ihren Lippen auf. Eine einzigartige Atmosphäre.
Ohne dass es den Anschein hat, spielen sie dabei komponierte Musikstücke. Beispielsweise von berühmten Schlagzeugern und Perkussionskünstlern wie Nebojsa Jovan Zivkovic, Siegfried Fink, Steve Reich oder Toshimitsu Tanaka. Genau passend zu dem diesjährigen Motto »laut und leise« des zum zweiten Mal stattfindenden Erpeler Brückenfestivals. Veranstalter Ingo Maas von der Fördergemeinschaft junger Kunst, die in Kooperation mit »ad Erpelle«, dem Kunst- und Kulturkreis Erpel, das Brückenfestival ausrichtet, hatte vor dem Beginn der Veranstaltung ein besonderes Konzerterlebnis versprochen. Das bekamen die Zuhörer auf jeden Fall geboten, die den Perkussionskünstlern mit minutenlang andauerndem Applaus und Fußgetrampel dankten.
Text: Michael Schorn / Foto: Creativ
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