General-Anzeiger Bonn vom 31. August 2009
Papierflieger im Erpeler Brückenturm

Das zweite Brückenfestival setzt sich mit dem Dualismus »Laut und Leise«
auf vielfältige Weise auseinander

»Die beiden wehrhaften Türme haben ihre Funktion, die ehemalige Ludendorffbrücke aufzunehmen, längst verloren und fordern geradezu heraus, ihnen eine neue Funktion zukommen zu lassen. Mit dem Brückenfestival 2009 ist wieder wie erstmals vor zwei Jahren zeitgenössische Kunst in den historischen Ort eingezogen, so dass die ungewohnte Dynamik der Brückentürme nun für einen Friedensappell genutzt wird.« Der Vorsitzende des Kunst- und Kulturkreises »ad Erpelle«, Edgar Neustein, beschrieb das Anliegen seines Vereins, das mit Hilfe des engagierten Bad Honnefer Fördervereins Junge Kunst umgesetzt wird.

Knochen und Papierflieger: Die Installationen in den Türmen der Ludendorff-Brücke sind mitunter seltsam, aber sehenswert. Knochen und Papierflieger: Die Installationen in den Türmen der Ludendorff-Brücke sind mitunter seltsam, aber sehenswert.
Knochen und Papierflieger:
Die Installationen in den Türmen der Ludendorff-Brücke sind mitunter seltsam, aber sehenswert.

Für dessen Mitglieder hatte Ingo Maas die zahlreichen Zuschauer, darunter neben den Bürgermeistern Cilly Adenauer und Werner Zimmermann auch die Bundestagsabgeordnete Sabine Bätzing und Landrat Rainer Kaul, im Eisenbahntunnel begrüßt. Sein besonderes Willkommen galt den 30 Künstlern, die sich mit ihren Arbeiten dem Dualismus von »Laut und Leise« gestellt hatten.

»Anders als bei anderen Ausstellungen werden hier nicht die Arbeiten von Künstlern gezeigt, die während einer gewissen Zeitspanne ihres kreativen Schaffens entstanden sind. Vorgestellt werden vielmehr Projekte, die gezielt für das Brückenfestival, also speziell für den außergewöhnlichen Raum und in intensiver Auseinandersetzung mit dem historischen Ort entworfen und umgesetzt worden sind«, betonte Maas.

So wie etwa Ute Krautkremers acht Flugobjekte, Papierflieger, die leise im Nordturm über Herbert Höckys »Strudel« schweben, leicht gekrümmten, weißen Elementen, die aus dunklem Basaltschotter herausragen. Da hat man seine weißen »Sperren« vor den Brückentürmen längst passiert, und auch Anke Noreikes Fahneninstallation »Reflexionen« an der Rheinpromenade hat man hinter sich gelassen.

Im mittleren Stockwerk des Nordturms »springt« dem Besucher unmittelbar neben dem »African Dinner« von Monika Radhoff-Troll ein goldglänzendes Spielzeugpferd ins Auge. Während über ihm leise zarte Tüllhemdchen schweben, erinnert die Plastik aus Maschinengewehrpatronen an das Lärmgetöse der Gewalt, zu der die »Lost Children« als Kindersoldaten gezwungen wurden.

Sprachlos, dafür aber in dramatisch-lauten Gebärden, winden sich drei lebensgroße Figuren von Michael Marx in einem kleinen Nebenraum. Komplett verschnürt wie sie sind auch die vier kleineren Körper in den an der Wand befestigten Kästen, aus denen sie, von Drahtgeflechten, ja sogar von Stacheldraht gefangen, ihre »verstummten Schreie« aussenden.

Vorbei an Friedrich Monzels Brückenfotos führt der Verbindungsgang zu Wolfgang Rabes »Flieg Engel, Flieg« im Südturm. Ein riesiges Kreuz mit Dornenkrone und Nägeln, aber ohne Gekreuzigten. Der Erlöser ist »abhanden gekommen«, stattdessen hängt vom Kreuz eine Vielzahl von Knochen an goldenen Fäden auf den Boden herab.

Ein kleiner Flieger erinnert an das Anliegen des Bonner Künstlers, die Zerstörung der Twin Towers von New York am 11. September 2001 nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Thematisiert wird das Ereignis auch von dem Landart-Projekt, das Rabe mit Schülern des Gymnasiums Schloss Hagerhof erarbeitet hat und das sich während eines Künstlercamps auf dem Tunnelvorplatz rund um die beiden Schwebtürme weiterentwickeln wird bis hin zur Performance am Freitag, 11. September, 15 Uhr.

Kontakt zu den Künstlern aufnehmen und die Arbeiten des Brückenfestivals sehen kann man noch am Donnerstag/Freitag, 3./4. September, Samstag, 5. September, von 17 bis 22 Uhr, Sonntag/Donnerstag/Samstag, 6./10./12. September von 14 bis 18 Uhr, Freitag, 11. September, von 14 bis 22 Uhr und am Tag der Finissage, Sonntag, 13. September, von 11 bis 14 Uhr.

Highlight des Rahmenprogramms ist das von Lichtprojektionen begleitete Konzert »Drummings« von Ivan Mancinelli und seinem Percussion-Ensemble am Samstag, 5. September, ab 19.30 Uhr im Tunnel. Der Eintritt kostet inklusive eines rustikalen Büfetts und einer Führung durch die Brückentürme 38 Euro. Vorbestellt werden können Eintrittskarten bei einem begrenzten Kontingent unter der Rufnummer (0 22 24) 9 49 20.

Text: Horst-Dieter Küsters / Fotos: Frank Homann

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