Rhein-Zeitung vom 28. August 2009
Hupkonzert mit klassischen Automobilen
Leipziger Autosymphoniker eröffnen Erpeler Brückenfestival – Blechinstrumente werden zur Abwechslung mal geschlagen statt geblasen
Klingt ganz schön abgefahren: Zum Auftakt des Brückenfestivals in Erpel (Kreis Neuwied) gibt’s ein Konzert mit den Leipziger Autosymphonikern.
Mit einem Gesuch im KFZ-Teil eines Anzeigenblättchens fing im Sommer 2000 alles an: »Suchen für unser kammermusikalisches Auto-Hup-Orchester noch Mittelklassewagen in Altlage. Gern mit Doppelklanghupe in Es und G.« Seitdem musizieren die Mitglieder der Leipziger Autosymphoniker mal Beethovens Neunte, mal AC/DC’s »Highway to Hell« auf verkehrstauglichen Fahrzeugen. Morgen, Samstag, sind sie live auf der Erpeler Ley (Kreis Neuwied) zu erleben. Wir fragten den Dirigenten Michael Hinze, was die Zuhörer dort erwartet.
Am Steuer seines Instruments: Michael Hinze gibt bei den Leipziger Autosymphonikern den Takt an und ist verliebt in Hupen.
Warum hassen Sie Autos?
(lacht) Warum sollte ich was gegen Autos haben?
Es klingt, als würden Sie sie ziemlich böse malträtieren ...
Nein, nein, keine Angst. Wir benutzen die Autos nur als Instrumente. Genau genommen ist das, was wir machen, sehr liebevoll gemeint.
Macht Ihnen die Abwrackprämie beim Instrumentenkauf jetzt einen Strich durch die Rechnung?
Wir kaufen nicht für jedes Konzert neue Altautos. Ehrlich gesagt spielen die Musiker in unserem Sinfonieorchester auf eigenen Autos. Das sind genau dieselben, die sie auch im Straßenverkehr benutzen.
Wo proben Sie – etwa auf Parkplätzen?
Wir proben auf einem alten Fabrikgelände in Leipzig, da fällt man niemandem auf die Nerven. Denn wir machen schon ganz schön Krach!
Haben Sie auch ein anständiges Instrument gelernt?
Ich spiele Klavier und komme aus der Modernen Musik, habe viel Pop und Jazz gemacht. Da ist der Weg zur Improvisation nicht weit.
Wie sind Sie darauf gekommen, dass man mit Autos Musik machen kann?
Die Idee kam während eines Urlaubs. Dort wurde sehr viel gehupt, und ein Busfahrer hupte »All you need is love« von den Beatles. Ich glaube, ohne dass er das wollte.
... war das eventuell in Italien?
Nein, in Asien. Dort fiel mir auf, dass das ja eigentlich auch Musik ist, wenn Autos auf der Straße hupen.
Gibt es Marken oder Modelle, die sich besonders gut zum Konzertieren eignen?
Wir bevorzugen ältere Modelle. Ein BMW, der die Türen automatisch zuzieht, ist überhaupt nichts für uns. Wir brauchen richtig griffige Sounds: Wenn die Tür ins Schloss fällt, soll’s auch richtig rumsen. Deshalb spielen wir am liebsten auf Autos aus den Baujahren 1980 bis 1990.
Stehen auch echte Prachtstücke in Ihrem Orchester?
Wir haben gerade auf einem alten Franzosen gespielt, einem Citroën Pallas. Alte Autos – etwa aus den 50er-Jahren – sind nicht nur robust, sie ergeben auch einen viel satteren Sound. Auf der Erpeler Ley werden wir auf Oldtimern spielen, die uns ein Verein zur Verfügung stellt.
Sind Sie eigentlich ein guter Autofahrer?
Geht so. Aber wir haben tatsächlich einige Ensemblemitglieder, die gar keinen Führerschein haben. Allerdings kennen sich alle gut mit Autos aus. Wer bei uns mitspielen will, muss wissen, wo der Blinker ist und wie die Wischeranlage funktioniert. Wir haben auch ein Stück, das auf Licht basiert. Da braucht man wirklich alle Lichtknöpfe – auch den für die Nebelschlussleuchte. Den sollte man dann schon finden!
Was ist Ihr Lieblingsklang?
Mit dem Auto kann man ziemlich viele Geräusche machen, ohne zu fahren. Einen schönen Klang ergeben Scheibenwischer oder zuschlagende Türen. Aber ehrlich gesagt mag ich am liebsten die Hupen: Die sind unterschiedlich gestimmt, damit lassen sich ganze Melodien spielen.
Wie viele Strafzettel haben Sie schon wegen unerlaubten Hupens kassiert?
Manchmal probiere ich auf einer Autofahrt was aus, erwischt wurde ich dabei bisher noch nicht. Zur Nachahmung ist das aber nicht empfohlen: Bei fehlerhaftem Gebrauch des Warnzeichens werden laut Straßenverkehrsordnung zehn Euro fällig ...
Das Gespräch führte Nicole Hinze
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