Rhein-Zeitung vom 18. März 2008
Premiere im Tunnel begeistert:
Atmosphäre sorgt für Gänsehaut

Nach dem Erfolg des Stücks "Die Brücke" feierte eine weitere Theaterproduktion im Erpeler Eisenbahntunnel Premiere: Das Ensemble der Landesbühne Rheinland-Pfalz inszenierte Eric-Emmanuel Schmitts "Pilatus-Evangelium" als ergreifendes Drama um die Leidensgeschichte Jesu. Rund 200 Zuschauer zeigten sich tief beeindruckt.

Ein ergreifendes Stück an einem geschichtsträchtigen Ort: Das
"Pilatus-Evangelium" beeindruckt im Erpeler Tunnel


Der Kammerchor St. Pantaleon Unkel gestaltete den Theaterabend mit

Eignet sich der alte Eisenbahntunnel bei Erpel auch als Spielstätte für Theaterstücke, die nichts mit der "Brücke von Remagen" zu tun haben? Die Besucher des "Pilatus-Evangeliums" haben eine eindeutige Antwort.

Ein ungewöhnlicher Spielort für ein Theaterstück: der Erpeler Eisenbahntunnel hinter den geschichtsträchtigen Türmen der ehemaligen "Brücke von Remagen". Hier war das Theaterstück "Die Brücke" zu sehen, das nach dem Roman von Rolf Palm den Zuschauer das Geschehen des 7. März 1945 am Originalschauplatz nacherleben ließ.

Jetzt nutzte der Kunst- und Kulturkreis "Ad Erpelle" diese Spielstätte, an der Menschen am Ende des Zweiten Weltkrieges Angst und Tod erleiden mussten, erneut für eine Aufführung. Die Landesbühne Rheinland-Pfalz setzt im Tunnel das Theaterstück "Das Pilatus-Evangelium" von Eric-Emmanuel Schmitt in Szene. "An diesem Ort haben Menschen in der Vergangenheit Todesängste ausgestanden", sagte Edgar Neustein, Ortsbürgermeister und Vorsitzender des Kunst- und Kulturkreis. "Mit dem ›Pilatus-Evangelium‹ wagen wir ein Experiment, um herauszufinden, welche Stücke sich an diesem Ort spielen lassen und wie die Brückentürme sowie der Tunnel in Zukunft kulturell genutzt werden können."

Rund 200 Zuschauer hatten sich zu dieser ungewöhnlichen Premiere in dem 383 Meter langen Tunnel eingefunden. So wurde das Publikum nicht nur Zeuge eines beeindruckenden Monologes eines Menschen, der weiß, dass er sterben muss, um seine Mission zu erfüllen. Es spürte auch den Gedankengängen des Pilatus nach, für den der "Fall Jesus" abgeschlossen scheint.

Dramatisch schwangen Klänge durch das kühle und dunkle Gewölbe, bereiteten die Zuschauer auf anrührende und ergreifende Szenen vor. "Ich habe Angst, rette mich", schallte da der verzweifelte Ruf Jesu, gespielt von Jürgen Clemens, durch den langen Raum. Die Frage "Mein Vater, warum hast du mich verlassen", ließ die Zuschauer gänzlich verstummen. "Diese Umgebung prägt, rührt vielmehr an", befand Zuschauerin Heidi Manzato, die aus Königswinter kam, um das "Pilatus-Evangelium" zu erleben.

"Es sind das Archaische und die Einfachheit des Spielortes, die den Inhalt des Stückes sehr stark zur Geltung bringen", sagte Ruth Moenikes-Peis aus Unkel. Und sie fügte hinzu: "Es ist eine einmalige Atmosphäre, der mangelnde Komfort zieht einen noch viel stärker in dieses beeindruckende Stück hinein." Dem schloss sich auch Maria Moenikes aus Gelsenkirchen an: "Dieses Stück würde gar nicht auf eine pompöse Theaterbühne passen." Das Geheimnisvolle, Kalte und Dunkle faszinierte ganz besonders Martin Monter, Leiter des Kammerchores St. Pantaleon Unkel, der mit zwei Bach-Kantaten den ungewöhnlichen Theaterabend mitgestaltete. "Die Leidensgeschichte Jesu und dieser Ort, das passt zusammen", stellte er fest.

"Wir wollten einmal versuchen, etwas anderes, als ›Die Brücke‹ im Tunnel zu spielen", sagte Walter Ullrich, der als Pilatus auf der Bühne stand. Fazit des Schauspielers: "Man kann hier sehr gut auch andere Stücke präsentieren." Nicht zuletzt überzeugte der Spielort auch durch seine Akustik. Die Schauspieler benötigten keine Mikrofone. Und die festlichen Lieder der Sänger klangen ebenfalls eindrucksvoll kräftig durch den Tunnel.

Text und Foto: Beate Christ

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