Rhein-Zeitung vom 12. März 2008
Pilatus-Evangelium feiert am Sonntag
Premiere
Ein neues Stück im Tunnel
Interview mit Schauspieler Walter Ullrich
Der Ort ist faszinierend und wirkt
zugleich bedrohlich und unwirtlich: Der Erpeler Tunnel, unterhalb
der Ley gelegen, ist wohl der außergewöhnlichste
Theaterspielort in der Region. Die Atmosphäre des Raumes
zieht Zuschauer und Schauspieler gleichermaßen in ihren
Bann. Am Sonntag öffnet sich dort wieder der Vorhang.
Nach der erfolgreichen Inszenierung des
Theaterstücks "Die Brücke" im Erpeler
Tunnel wagt sich der Kunst- und Kulturkreis Erpel in Zusammenarbeit
mit der Landesbühne Rheinland-Pfalz an ein neues Werk:
"Das Pilatus-Evangelium". Im RZ-Interview spricht
Schauspieler Walter Ullrich, der die Hauptrolle spielt, über
die Inszenierung und seine Erfahrungen mit dem Theater in
einer Röhre unter der Erde.
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Intendant und Schauspieler Walter Ullrich
spielt die Hauptrolle im "Pilatus-Evangelium". |
Die Aufführungen der "Brücke"
sind offenbar zu einem Ereignis geworden, das selbst Besucher
von weit her zu einem Besuch an den Rhein führt. Haben
Sie das ebenfalls beobachtet?
Alle Aufführungen waren kurz nach
Beginn des Vorverkaufs ausverkauft. Inzwischen haben auch
viele Lehrer entdeckt, dass hier ein höchst interessanter
Geschichtsunterricht angeboten wird, und somit melden sich
immer mehr Schulklassen an. Kartenbestellungen laufen inzwischen
aus weit entfernten Städten ein, von Flensburg im Norden
bis Garmisch-Partenkirchen im Süden.
Die Idee, in einem Tunnel Theater zu
spielen, stammt von Ihnen. Wie sind Sie darauf gekommen?
Anfang des Jahres 2005 wurde ich eingeladen,
in Erpel einen Vortrag zum 60. Jahrestag der Eroberung der
Brücke von Remagen zu halten. Ich besorgte mir Literatur
und stieß dabei auf das Buch von Rolf Palm. Der Gedanke,
daraus ein Bühnenstück zu machen, ließ mich
nicht mehr los. Also versuchte ich, die damaligen Geschehnisse
in eine dramatische Form zu bringen. So entstand, auch unter
Mithilfe der noch lebenden Zeitzeugen, das Stück "Die
Brücke".
Der außergewöhnliche Spielort
hat eine ebensolche Atmosphäre. Hat diese einen besonderen
Einfluss?
Die besondere Atmosphäre war natürlich
für die "Brücke" ideal. Sie hat sicherlich
auch die Schauspieler beeinflusst, insbesondere aber auch
das Publikum, wie mir von Besuchern immer wieder bestätigt
wurde.
Die Handlung der "Brücke"
steht in enger Verbindung mit dem Tunnel. Am 16. März
feiert das "Pilatus-Evangelium" als zweites Stück
Premiere im Tunnel. Warum glauben Sie, dass sich auch diese
Inszenierung gut für die spezielle Umgebung eignet?
Nun, ein neues Stück im Tunnel aufzuführen,
ist sicherlich ein Wagnis, da es ja keine besondere Verbindung
zum Ort hat. Aber immerhin ist die Karwoche genau der richtige
Zeitpunkt für eine Aufführung dieses Stückes,
denn im Vorspiel mit dem Titel "Die Nacht der Ölbäume"
beschreibt Autor Schmitt die letzte Stunde Jesu, die letzten
Minuten vor seiner Verhaftung im Garten Gethsemane. Es ist
der bewegende Monolog eines Menschen, der weiß, dass
er sterben wird.
Gehen Sie davon aus, dass sich die
Aufführungen im Erpeler Tunnel künftig weiter ausbauen
lassen?
Das "Pilatus-Evangelium" ist
ein Versuch in diese Richtung, und wenn das Publikum diesen
Versuch annimmt, wird es auch künftig weitere interessante
Aufführungen im Tunnel geben.
Haben Sie weitergehende, konkrete Pläne?
Die "Brücke" nun jeden
Sommer in Erpel zu spielen, ist recht schwierig. Da die Vertragszeit
für die Schauspieler durchweg nur einen Monat umfasst
und für die Künstler damit der Anfang der Spielzeit
blockiert ist, wird es immer schwieriger, die sehr große
Besetzung zusammenzubekommen. Wahrscheinlich werden 2008 die
letzten Aufführungen stattfinden, und zwar vom 15. bis
31. August, bei großer Nachfrage bis zum 7. September.
Die Fragen stellte Sabine Balleier
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