General-Anzeiger Bonn vom 26. September 2007
Eisenbahntunnel musiziert munter mit


Improvisation in ihrer Vollendung: Markus Stockhausen und Tara Bouman verstehen sich und ihre Instrumente blind

Kaum sind die ersten Töne aus Markus Stockhausens Trompete von den kühlen Wänden des Erpeler Eisenbahntunnels zurückgehallt, da ist jedem der Anwesenden klar: Die Idee funktioniert. Die Idee, das ist in diesem Falle die Verbindung der Klänge des weltbekannten Jazz-Trompeters Markus Stockhausen und seiner Partnerin Tara Bouman (Klarinette) mit dem einzigartigen Ambiente des Tunnels und den subtilen Lichtinstallationen von Rolf Zavelberg.

Einer der Höhepunkte des Brückenfestivals 2007 des Vereins Fördergemeinschaft Junger Kunst (FJK) nahm am Sonntagabend dergestalt seinen Lauf. Hier die erfrischende Temperatur im Tunnel, dort die offenen Münder staunender Zuhörer - das Ergebnis dieser Kombination in Gestalt von sichtbarem Atem in einem Konzertsaal mag Seltenheitswert haben. Selten, wenn nicht einzigartig, war gewiss auch der Auftritt von Stockhausen und Bouman, die ihr Publikum in Erpel mit eigenen Kompositionen, vor allem aber mit ihren eindrucksvollen Improvisationen zu ehrlich gemeinten Begeisterungsstürmen hinrissen.

Unsichtbarer Verbündeter des Ensembles wurde gleich von Beginn an der Tunnel, dessen rundliche Wände die zauberhaften Töne mal auf diese, mal auf jene Weise reflektierten. Grandiose Schattenspiele mit der Silhouette der Musiker ereigneten sich derweil auf einer runden Leinwand, deren farblicher Grundton ständig variierte und auf diese Weise manchmal als aufgehende Sonne, manchmal hingegen als Vollmond wahrgenommen werden konnte.

Nicht nur am Sonntag, sondern während des gesamten Wochenendes nutzten Besucher die Gelegenheit, sich ein eigenes Bild vom Brückenfestival zu machen, das unter dem Motto "Stillstand und Bewegung" bis zum 7. Oktober andauert. Bereits am Freitagabend waren Parkplätze rund um die Brückentürme Mangelware. Zahlreiche Gäste, darunter die Bundestagsabgeordnete Sabine Bätzing, der Landtagsabgeordnete Erwin Rüddel und Landrat Rainer Kaul sowie natürlich Bürgermeister Edgar Neustein, wollten sich die offizielle Eröffnung des Festivals durch den FJK-Vorsitzenden Ingo Maas nicht entgehen lassen.

Der bedankte sich nach der Begrüßung zunächst bei den Sponsoren und beim Erpeler Kunstverein "ad erpelle", ohne deren Unterstützung eine so hochwertige und extrem anspruchsvolle Veranstaltung nicht hätte realisiert werden können. Da wehten bereits längst die von 14 Künstlern geschaffenen Fahnen an der Rheinpromenade, die von einer hochrangigen Jury für die Veranstaltung ausgesucht worden waren.

"Darüber hinaus befinden sich in den je vier Stockwerken der beiden Brückentürme die Arbeiten von 31 Künstlern aus ganz Deutschland, die im Dialog mit der spannenden Architektur des für die deutsche Geschichte so bedeutsamen Ortes auf ihnen zugewiesenem Raum Monate auf das Ausstellungsthema Stillstand und Bewegung hingearbeitet haben", verriet Ingo Maas.

In einem der beiden Brückentürme wird der Besucher von einem überdimensionalen "Kürbis-Gebilde" empfangen, den Karina Wellmer-Schnell als "Mutation" von der Decke hängen lässt - dies nur eine der 31 Installationen.

Wer diese und die übrigen sehenswerten Arbeiten in den Brückentürmen betrachten will, hat dazu donnerstags und freitags von 14 bis 18 Uhr, samstags von 14 bis 20 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr Gelegenheit. Ununterbrochen wird zudem tagsüber vor dem Tunneleingang im Bildhauercamp der Alanus-Hochschule an Basaltblöcken gearbeitet, die zur Finissage zu einem Skulpturenweg aufgestellt werden, der in Erpel verbleibt.

Text: Rüdiger Franz und Horst-Dieter Küsters - Foto: Frank Homann

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