Rhein-Zeitung vom 22. September 2007
Kunstfestival in Erpel:
Brückentürme werden zum Ausstellungsort
Erpeler Brücken-Festival 2007
bietet facettenreiches Programm
Bild links: Im Schatten der Erpeler
Ley stellten (von rechts) FJK-Vorsitzender Ingo Maas, JFK-Mitarbeiterin
Jette Gummersbach, Alexandra Wendorf, Helmut Reinelt (beide
FJK-Vorstand) und Ortsbürgermeister Edgar Neustein (2. von
links) das Brückenfestival vor. Bild rechts: An
der Rheinpromenade in Erpel wehen während des Brückenfestivals
von Künstlern zum Thema "Bewegung und Stillstand"
gestaltete Fahnen. Die zweite Fahne von rechts hat Vera Sieben
aus Hennef gestaltet. Darauf sind abstrakte Brückenpfeiler
dargestellt, während im Hintergrund die Reste der ehemaligen
Brücke von Remagen zu sehen sind.
Zwei Wochen lang verwandeln sich die
rechtsrheinischen Türme der "Brücke von Remagen"
und der Erpeler Tunnel in einen faszinierenden Ausstellungs-
und Kulturort: Unter dem Motto "Stillstand und Bewegung"
beginnt heute das Brückenfestival 2007.
Weithin sichtbar wehen 14 verschiedene
Fahnen an der Erpeler Rheinpromenade. Einige leuchten farbenfroh,
andere sind in bedeckten Tönen gehalten, eine ist sogar
zerschnitten - doch eines ist allen gemein: Die 14 Künstler,
die sie geschaffen haben, haben sich mit dem Thema "Stillstand
und Bewegung" auseinandergesetzt.
Inspiriert von der "Morbidität
der alten Brückentürme" habe sie auf ihrer
Fahne die Pfeiler abstrakt dargestellt, erzählt Vera
Sieben. "Sie sollen auf der alten Geschichte aufbauen.
Sie schlagen eine Brücke in die Zukunft." Die Hennefer
Künstlerin hat im Vorfeld an einem bundesweiten Fahnen-Wettbewerb
teilgenommen. Nun weht ihr Kunstwerk am Rheinufer.
Doch diese bewegte und bewegende Fahneninstallation
ist nicht das einzige Kunstwerk, das von heute an bis zum
7. Oktober in Erpel zu besichtigen ist: Im Rahmen des Brückenfestivals
2007, das die Fördergemeinschaft Junge Kunst (FJK) mit
Sitz in Bad Honnef unterstützt vom Kunst- und Kulturkreis
"Ad Erpelle"organisiert hat, haben sich die rechtsrheinischen
Brückentürme in einen einzigartigen Ausstellungsraum
verwandelt. Insbesondere Skulpturen, Installationen und Objekte,
aber auch Bilder von 31 Künstlern sind in den Räumen
der Brückentürme zu sehen. "Das Spannende ist,
dass jeder Künstler einen eigenen Raum hat, in dem er
seine Arbeit präsentiert. Die Künstler haben auf
den Raum hingearbeitet. Manche haben ihren Raum im Vorfeld
mehrfach besichtigt und sind dafür aus ganz Deutschland,
zum Teil sogar aus der Schweiz angereist", berichtet
FJK-Vorsitzender Ingo Maas.
So auch die Kölner Künstlerin
Sabine Weber, die gemeinsam mit der Kollegin Christa Manz-Dewald
"drei- oder viermal" nach Erpel gefahren ist. "Der
Raum hat mich total eingenommen", berichtet Weber. Ihr
Werk heißt "Locus Terribilis": ein karges
Flüchtlingszimmer, auf dem Boden Strohsäcke. Von
der Decke hängt eine nackte Glühbirne - wie bei
einem Verhör. Neben dem improvisierten Schlaflager steht
eine Schale mit vergoldeten Brötchen. "Das symbolisiert
den Wert des Essens im Krieg." An die Wand des Brückenturmes
hat Weber mit weißer Kreide einen Menschen gezeichnet.
Auch wenn die Person nur schemenhaft erkennbar ist, wird deutlich:
Sie hat Angst. "Weil ich nicht wusste, wer sich damals
hier aufgehalten hat, habe ich nur den Umriss des imaginären
Bewohners gemalt", erläutert die 40-jährige
Künstlerin. Die Installation von Christa Manz-Dewald
befindet sich im Keller. "Fluchtpunkt A" hat sie
die beiden Parallelen aus neongelber Elektroschnur genannt,
die sich, ausgehend von zwei verschiedenen Punkten, an der
obersten Treppenstufe treffen. "Das ist der imaginäre
Fluchtpunkt", erläutert die Kölner Künstlerin.
"Die Metapher geht hier in die Realität über."
Bewusst hat sie den Rest des Raumes im Dunkeln gelassen. "Der
Betrachter ist eingeladen, weiterzudenken."
Im Eingangsbereich empfängt eine
Art überdimensionaler Kürbis, ein mit Rohleder überzogenes
Eisengestell, den Besucher: das Werk der hessischen Künstlerin
Karina Wellmer-Schnell. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht
die Mutation, die stetige Veränderung. "Man weiß
nie, wie sich Dinge, die heute geschehen, später auswirken",
erklärt sie ihre Idee. "Das, was hier in Erpel passiert
ist, hat ja auch etwas Positives."
Ruth Schroer aus Niederkassel hat in ihrem
Ausstellungsraum in den Brückentürmen fünf
gravierte Acrylsäulen aufgestellt, zu denen gläserne
Fußspuren führen. "Damit möchte ich einen
Transfer herstellen zwischen der Erinnerung an die Leute,
die hier früher gestanden haben und denen, die heute
an diesem Ort sind", erläutert Schroer.
Doch während des zweiwöchigen
Festivals sind nicht nur Kunstwerke ausgestellt, es entstehen
auch neue: Auf dem Tunnelvorplatz findet ein Bildhauercamp
der Alanus-Hochschule statt. Die Ergebnisse bleiben am Ort
als Skulpturenweg erhalten. Zudem wird im Erpeler Tunnel am
Samstag, 6. Oktober, das Theaterstück "Unschuld"
nach Dea Loher aufgeführt.
Text und Fotos: Geertje Oldermann
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