General-Anzeiger Bonn vom 5. Oktober 2006
Theater im Tunnel Premiere
"Die Brücke":
Einige Zuschauer haben Tränen in den Augen
"Die Brücke
von Remagen" wird von den Schauspielern der Landesbühne
Rheinland-Pfalz am Originalschauplatz in Szene gesetzt
Der feucht-kalte Tunnel dient als große Theaterbühne
"Das stolze Karthago führte drei Kriege.
Nach dem ersten war es noch mächtig, nach dem zweiten
noch bewohnbar. Nach dem dritten Krieg war es nicht
mehr auffindbar." Mit diesen mahnenden Worten von
Leutnant Timmermann endet das Stück "Die Brücke"
der Landesbühne Rheinland-Pflaz, das am Tag der
Deutschen Einheit seine Premiere am Originalschauplatz
feierte. Mit frenetischem Applaus verabschiedeten die
Zuschauer am späten Dienstagnachmittag die Schauspieler.
"Das war einfach toll", urteilte der 14-jährige
Tobias begeistert. Im Unterricht habe man zwar die Geschehnisse
behandelt. Aber diese am Originalschauplatz so anschaulich
vor Augen geführt zu bekommen, sei enorm beeindruckend,
betonte der Nonnenwerth-Gymnasiast. So wie ihm ging
es allen Premieregästen, darunter auch Landrat
Rainer Kaul und Staatsminister a.D. Heinz Schwarz, die
Bürgermeister Edgar Neustein gut eineinhalb Stunden
zuvor im feucht-kalten Tunnel begrüßt hatte.
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Versuchte Sprengung: Schauspieler
der Landesbühne schlüpfen in die Rolle von
Wehrmachtsangehörigen, die den Auftrag haben, die
Brücke von Remagen zu zerstören
Ein amerikanischer Soldat hält
die Deutschen in Schach. Die Brücke ist in der
Hand der Allierten, der Krieg wird durch diesen für
sie nutzbaren Transportweg verkürzt
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"Ich freue
mich, mit Gerd Scheller den Sohn des damaligen Brückenkommandanten
begrüßen zu können, und natürlich auch
Karl Feldens, dessen Vater Willi als einziger die Einnahme
des Tunnels nicht überlebt hat", erinnerte der Bürgermeister.
"Nur Neusteins unermüdlichen
Engagement und dem des von ihm ins Leben gerufenen Kulturvereins
ist es zu verdanken, dass wir das Stück hier überhaupt
aufführen können", betonte Intendant Walter
Ullrich, der den Roman von Rolf Palm "Die Brücke
von Remagen" in eine dramatische Form umgeschrieben hatte.
Und die ging allen Zuschauern, vor allem
natürlich den älteren, unter die Haut. "Zuschauer,
die die damalige Zeit miterlebt haben, hatten Tränen
in den Augen", berichtete Cilly Adenauer, die 1. Beigeordnete,
die sich wie VG-Chef Werner Zimmermann die Premiere nicht
entgegen ließ.
Eingeführt in die Situation am 7.
März 1945 aus amerikanischer Sicht wurden sie durch einen
langen Monolog von Leutnant Timmermann. Dabei gelang es René
Oltmanns eindrucksvoll, die Bedeutung der Brücke für
die Alliierten zu veranschaulichen. "Die Brücke
ist ihr Gewicht in Gold wert", soll General Eisenhower
ausgerufen haben. Dies aber traf nicht nur für die Amerikaner
zu.
Angst um die Zukunft: Soldat Klaus
Busch mit (Theater-) Mutter |
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"Ein 50 Kilometer
langer Streifen sollte am rechtsrheinischen Rheinufer
unter Einsatz von 8.000 Kampfflugzeugen und 4.000 Kanonen
sturmfrei gebombt werden. In dem nur acht Kilometer breiten
Angriffsstreifen sollten 65.000 Granaten innerhalb einer
Stunde abgeschossen werden", berichtete Timmermann.
Kein Stein wäre auf dem anderen geblieben zwischen
Koblenz und Beuel.
"Das
Schauspiel unterscheidet sich wohltuend von dem Hollywoodfilm,
ist aber natürlich auch Fiktion. Hitlerjungen haben
etwa im Turm überhaupt keine Rolle gespielt",
erklärte Schwarz, der als Flakhelfer bis kurz vor
der Einnahme des Tunnels auf einem Brückenturm
im Einsatz gewesen war. Aber durch die drei werde die
unterschiedliche Einstellung zum Krieg und zum Nationalsozialismus
innerhalb der Bevölkerung deutlich zum Ausdruck
gebracht, urteilte er.
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Völlig realistisch werde dagegen
die mehr als mangelhafte Bewaffnung der Brückenbesatzung
wiedergegeben. Ebenso sei das Chaos bei der Führung,
der nicht geklärten Zuständigkeit des Kommandos,
zum Ausdruck gekommen. Aber auch die Situation der Verantwortlichen.
So sagt Heiko Hanert als Hauptmann Bratge richtig voraus:
"Uns winkt die Todesstrafe, egal ob wir zu früh
oder zu spät sprengen."
Unterschiedlich war die Einstellung der
Schauspieler hinsichtlich der Aufführung am Originalschauplatz.
"Natürlich ist es schon etwas Besonderes, hier zu
spielen. Aber auch bei den Aufführungen auf einer 'normalen'
Bühne stimmen wir uns auch auf die jeweilige Situation
und Atmosphäre ein", erklärte Karl-Heinz Dieckmann,
der den Brückenkommandanten Karl Friesenhahn spielt.
Ganz anders Olga Yakovleva, im Stück die Frau von Willi
Feldens. "Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter,
wenn ich daran denke, dass ich hier am Originalschauplatz
in diese Rolle schlüpfe", erklärte sie.
Und das entsprach ziemlich genau den Empfindungen
der Zuschauer, die noch lange nach Ende der Aufführung
im "Foyer des Theaters im Tunnel" über die
historischen Ereignisse und die Aufführung diskutierten.
Text: Horst-Dieter Küsters / Fotos:
Frank Homann
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