General-Anzeiger
Bonn vom 30. September/1. Oktober 2006
Erpeler erteilen Nachhilfe in
der Mundart
Am 3. Oktober
feiert "Die Brücke" Premiere im Tunnel
Eine kleine Vorhut der 9. US-Panzerdivision
unter Leitung des deutschstämmigen Karl Timmermann erreicht
am 7. März 1944 um 11 Uhr eine intakte Ludendorffbrücke.
Um 13.40 Uhr beginnen die Alliierten von der linken Rheinseite
aus den Angriff auf den Brückenkopf in Erpel. Die Einheimischen,
die im Tunnel unter der Erpeler Ley Schutz gesucht haben,
fühlen sich wie in einer Falle. Einige Frauen, begleitet
von Willi Feldens, laufen mit weißen Tüchern heraus.
Ein Opfer ist zu beklagen: Feldens, dem wohl seine Eisenbahneruniform
zum Verhängnis wird, stirbt an den Folgen eines Bauchschusses.
Das ist in groben Zügen der Inhalt
des Romans "Die Brücke" von Rolf Palm, der
von Walter Ullrich, Intendant der Landesbühne Rheinland-Pfalz,
dramatisiert wurde. "Bei der Premiere in Neuwied ist
das Stück begeistert aufgenommen worden. Nun stehen wir
kurz vor der Premiere am Original-Schauplatz im Tunnel",
freut sich Bürgermeister Edgar Neustein, der als Vorsitzender
des Kunst- und Kulturvereins "ad Erpelle" das Projekt
initiiert hatte.
Authentizität
"Es ist ein ungeheures Gefühl,
den Tunnel zu besichtigen und sich vorzustellen, später
hier zu spielen", hatte Mimin Olga Yakovleva alias Maria
Feldens bei einer Besichtigung betont. Da wusste sie noch
nicht, dass auf sie "Nachhilfeunterricht" zukommen
würde. Des rheinischen Dialekts unkundig, hatte sie in
Neuwied etwa mit ihren Verwandten in Remagen auf Hochdeutsch
telefoniert, um den Verbleib ihres toten Mannes heraus zu
finden. "Unmöglich", fanden Erpeler - und ließen
ihr eine Kassette mit der "Übersetzung" zukommen.
Auch sonst ist Authentizität
Trumpf: Zeitzeugen der Geschehnisse von 1945 kamen zu den
Proben, um Unstimmigkeiten ausmerzen. Und bei den Aufführungen
kommen nur Original-Requisiten zum Einsatz. "Das alles
soll jedoch nicht den Eindruck erwecken, es gehe um reine
Dokumentation. "Die Brücke" ist im Sinne der
historischen Dramen natürlich Fiktion", betont Neustein.
Nicht Militärgeschichte steht im Vordergrund. Vielmehr
geht es um die Menschen im Tunnel, ihre Sehnsüchte und
Empfindungen - und um ein Zeichen gegen den Krieg. "Wir
freuen uns, dass wir vor Beginn der Spielzeit 2007/08 noch
eine Aufführungsreihe anbieten können, in die vor
allem die Schulen eingebunden werden sollen", so Neustein.
Text: khd
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